London.

Als Louise Brown am 25. Juli 1978 kurz vor Mitternacht das Licht der Welt erblickte, war sie ein medizinisches Wunder, Zeitungen rund um den Globus druckten ihr Foto auf die Titelseiten. Louise war, wie es damals hieß, das erste Retortenbaby der Welt. Nun feiert sie ihren 40. Geburtstag – und hat sich damit arrangiert, dass Millionen Menschen ihren Namen kennen.

„Meine Mutter wollte ein Baby, ganz gleich wie“, erinnert sich Brown. „Sie war eine ruhige und privat sehr zurückhaltende Frau und wurde zu einer Weltsensation, nur weil sie sich so sehr nach einer Familie sehnte.“ Mutter Lesley war damals 30 Jahre alt und seit neun Jahren mit ihrem Mann John verheiratet, der bei der Eisenbahn arbeitete. Wegen eines Eileiterproblems konnten sie sich ihren Kinderwunsch nicht erfüllen. Lesley litt deswegen unter Depressionen. Ihr Hausarzt machte sie auf den britischen Gynäkologen Patrick Steptoe und den Physiologen Robert Edwards aufmerksam, die seit Ende der 1960er-Jahre mit der In-vitro-Fertilisation (IVF) experimentierten. Dabei werden Eier der Frau außerhalb des Körpers in einer Glasschale mit dem männlichen Sperma befruchtet und das daraus entstehende Embryo wieder in den Mutterleib eingesetzt. „Bis sie bereits ein paar Monate schwanger war, wusste sie überhaupt nicht, dass die Methode komplett neu war und noch nie zuvor funktioniert hatte“, erzählt Louise Brown über ihre Mutter. Glücklicher Zufall: Ein 800-Pfund-Scheck von einer gewonnenen Sportwette verschaffte dem Paar die nötigen Mittel.

Als die Nachricht von der Schwangerschaft durchsickerte, brach ein ungeheurer Medienrummel los. Am Tag der Niederkunft herrschte vor dem Kreißsaal ein riesiger Auflauf. An die 100 Polizisten sicherten das Gebäude nahe Manchester vor den Reportern, die mit allen Tricks versuchten, an das Retortenbaby heranzukommen. Das Ehepaar tourte mit dem Kind später durch Fernsehstudios. Die Browns wollten allen zeigen: Louise ist ein ganz normales Kind. Erst nach einigen Jahren zog sich die Familie zurück, um der Tochter ein normales Leben zu ermöglichen.

Brown ist heuteeine gefragte Rednerin

Nicht alle Reaktionen waren wohlwollend. Der Vatikan kommentierte, die Geburt habe „sehr schwere Konsequenzen für die Menschheit“, der Erzbischof von Liverpool nannte sie „moralisch falsch“. Louise Brown lebt bis heute damit, in den Augen ihrer Mitmenschen etwas Besonderes zu sein. Sie nimmt regelmäßig Termine von New York bis Tokio wahr, eine Veranstaltung zu ihrem 40. Geburtstag in Barcelona besuchten rund 12.000 Mediziner, im Februar 2017 sprach sie vor dem Europäischen Parlament. Trotzdem führt sie eigentlich ein ganz normales Leben. Sie arbeitet als Büroangestellte in einer Speditionsfirma und lebt mit ihrer Familie in Bristol.

Brown ist selbst Mutter. Ihre beiden Söhne wurden auf natürlichem Weg gezeugt.